Die Akzente setzte die Pianistin
Stadtorchester Im Konzertsaal erklangen Werke von Schumann und Bizet
Mit Schumann und Bizet setzte das Stadtorchester Solothurn auf beschwingte Romantik und mit Evelyne Grandy auf eine virtuose Solothurner Solistin.
Silvia Rietz
Die Welt feiert 2010 die runden Geburtstage von Wilhelm Friedemann Bach, Cherubini, Schumann und Chopin. Das Stadtorchester Solothurn huldigte mit seinem Frühlingskonzert dem vor 200 Jahren geborenen Robert Schumann und führte mit Evelyne Grandy dessen einziges Konzert für Klavier und Orchester in a-Moll auf – das poetischste aller romantischen Klavierkonzerte. Die frühe Fassung, eine einsätzige «Fantasie», wurde 1841 am Leipziger Gewandhaus von Clara Schumann unter der Leitung von Mendelssohn uraufgeführt. Der Herausgeber der Partitur verlangte von Schumann jedoch eine traditionelle Konzertform in drei Sätzen. Erst als Schumann 1845 die gewünschten Veränderungen vorgenommen und das Intermezzo und Finale hinzugefügt hatte, wurde das Klavierkonzert gedruckt. Clara Schumann schrieb über das mit dem Orchester eng verzahnte Werk: «Das Clavier ist auf das feinste mit dem Orchester verwebt – man kann sich das Eine nicht denken ohne das Andere. Der Pianist ist nicht nur Solist, sondern auch Orchestermusiker». Mit Evelyne Grandy verpflichtete das Stadtorchester Solothurn eine Pianistin, die bei allem solistischen Glanz immer auch auf den partnerschaftlichen Dialog mit dem Orchester achtet.
Stille Magie
Die in Solothurn geborene Pianistin und Organistin hat in den vergangenen Jahren mehrere Preise und Auszeichnungen gewonnen und sich stetig weiterentwickelt. Von 2002 bis 2007 studierte die Musikerin an der Hochschule für Musik und Theater Zürich Klavier bei Adalbert Roetschi und Orgel bei Rudolf Scheidegger und schloss beides mit dem Konzertdiplom «mit Auszeichnung» ab. Sie gewann ein Migros-Stipendium der Ernst-Göhner-Stiftung und besuchte nach dem Studium privaten Unterricht bei Hubert Harry in Luzern und während eines halbjährigen Aufenthalts in der Cité des Arts in Paris 2008 (Förderpreis des Kanton Solothurns) bei Jacques Rouvier. Seit September 2009 studiert Evelyne Grandy in der Solistenklasse von Homero Francesch an der Hochschule der Künste Zürich. Neben einer regen Konzerttätigkeit unterrichtet sie an der Kantonsschule Solothurn und amtet an zwei Kirchen als Organistin.
Trotz vielen Erfolgen hat sie sich ihre unprätentiöse Art bewahrt. Fast schüchtern kommt sie auf die Bühne, um dann am Flügel grosse Kunst zu leben und das Publikum im vollen Konzertsaal mit ihrem Spiel zu bezaubern. Evelyne Grandy sitzt entspannt, spielt auswendig und ohne Mätzchen, konzentriert sich voll und ganz auf die Interpretation. Sie ist keine Pianistin temperamentvoller Gesten, vielmehr umfängt sie eine Aura stiller Magie. Die Musik fliesst natürlich aus ihr heraus und scheint spontan zu entstehen.
Beschwingtes Programm
Sie setzt dynamische Effekte differenziert ein, lotet das Spektrum zwischen Poesie und leidenschaftlicher Kraft meisterhaft aus, ohne dass die Virtuosität zum Selbstzweck verkommt. Bei ihr klingt alles leicht, als ob es gar nicht schwierig wäre, und berührt so unmittelbar. Wie viel eine Künstlerin können muss, um diesen Eindruck hervorzurufen, darüber lässt sich nur staunen. Genau so, wie eine souveräne Solistin das Stadtorchester zu motivieren versteht. Unter der Leitung von George Vlaiculescu, der den Beginn des ersten Satzes etwas gar langsam zelebrierte, fanden die Musikerinnen und Musiker zu einer tollen Form. Am ersten Pult spielte Matthias Steiner, der mit dem Stadtorchester bis 2004 als Konzertmeister und Solist zusammenarbeitete. Farbenreich und mit viel Gespür für Details reüssierte das Orchester mit der Sinfonie in C-Dur von Georges Bizet und mit Manuel de Fallas «El amor brujo». Zwei glutvolle Stücke, temperamentvoll, wenn auch nicht immer ganz intonationssicher, interpretiert.
Ein Konzertprogramm, das mit Schumann einen Jahresregenten ins Zentrum stellte, wunderbar zum Frühlingsanfang passte – und vom Publikum mit begeistertem Applaus honoriert wurde.
(Solothurner Zeitung 22. März 2010)