Rendez-Vous für vier Hände
Solothurner Vokalisten · Im 19. Jahrhundert erlebten Hauskonzerte eine Blüte. Es wurde leidenschaftlich gesungen und Klavier gespielt. Weil das Solo-Klavier ein ungeselliges Instrument ist, schwärmten viele fürs vierhändige Musizieren am Klavier. Die 2001 von Patrick Oetterli wiedererweckte Chorgemeinschaft der Solothurner Vokalisten hat mit den Pianisten Evelyne Grandyund Adalbert Roetschi diese Tradition mit den «Liebesliederwalzern» von Johannes Brahms wiederaufleben lassen. Sozusagen als Entrée und als «Da capo» erklang die 1997 erstmals aufgeführte «A Welcome Ode» von Edward Gregson. Ein spannendes Vokalstück mit filigranen Klaviersätzen, welches als Kontrast gut zu den Werken der Romantik passt und begeisterte.
Als Konzert-Highlight entpuppte sich Schuberts Fantasie in f-Moll. Mit Evelyne Grandyund Adalbert Roetschi haben sich zwei kongeniale Partner zu einem temporären Klavier-Duo verbunden. Grandyund ihr einstiger Lehrer fanden zu einer fesselnden Schubert-Interpretation zusammen – mit grosser Allüre, sonorem Ton und gefühlvollem Ausdruck. Schubert schrieb ein halbes Jahr vor seinem Tod eine Musik mit einem herzbewegend schönen Hauptthema. Als Finale donnert eine Fuge bis zur Explosion, mündet in die rührende Anfangsmelodie zum bewegenden Schlussakkord. Das Publikum feierte die Interpretation der beiden Virtuosen mit stürmischem Applaus.
Mehr Detailnuancen
Eigentlich komponierte Brahms die «Liebesliederwalzer» op. 52 und op. 65 für Solistenquartette. Sie eignen sich jedoch hervorragend für kammermusikalisch besetzte Vokalensembles. Die Sängerinnen und Sänger gaben sich redlich Mühe, den unwiderstehlichen Schwung von Brahms’ Walzern und die Poesie der Worte nachzuzeichnen. Die besondere Güte der Klavierbegleitung trat vor allem in dem charakteristisch geformten Parts in den Liedern wie «Ein kleiner hübscher Vogel», und «Nachtigall, sie singt so schön» zum Tragen. Die sperrigeren «Neuen Liebeslieder» op. 65 mit ihren dunklen Stimmungen und den farbigen Schilderungen von Liebesleid, gelangen dem Ensemble mit deutlich mehr Detailnuancen. Die Vokalisten haben sich ja mit zeitgenössischen und barocken Werken einen Namen gemacht. Mit romantischem Repertoire wie den Liebesliederwalzern vermag der Chor (noch) nicht restlos zu überzeugen. Dazu fehlte bei einzelnen Stimmengruppen schlicht ein Quäntchen Präzision und Homogenität. Die Freude der Ausführenden vermochte dies nicht zu schmälern und wurde mit viel Beifall belohnt.